Insolvenzrecht – Die Rückzahlung der Corona-Soforthilfe erhöht die Haftungsquote nicht

Die Rückzahlung der Corona-Soforthilfe ist nicht in die Berechnung der Haftungsquote einzubeziehen (FG Münster, Beschluss v. 15.10.2021 - 9 V 2341/21 K)

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Die Rückzahlung der Corona-Soforthilfe ist nicht in die Berechnung der Haftungsquote einzubeziehen (FG Münster, Beschluss v. 15.10.2021 – 9 V 2341/21 K).

Sachverhalt:

Die Antragstellerin war alleinige Gesellschafterin und Geschäftsführerin einer UG. Das Finanzamt behandelte Gehaltszahlungen der UG an die Antragstellerin als vGA, was zu einer Erhöhung der Körperschaftsteuerfestsetzungen führte. Zwischenzeitlich wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der UG eröffnet, woraufhin das Finanzamt die Antragstellerin nach § 69 AO für die rückständigen Steuerschulden der UG in Haftung nahm.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob die Antragstellerin eine noch anhängige Klage gegen den Haftungsbescheid und beantragte für das Klageverfahren bei Gericht die Aussetzung der Vollziehung.

Zur Begründung gab sie an, dass die UG eine Corona-Soforthilfe in Höhe von 9.000 € erhalten habe, die nicht für Steuerzahlungen zu verwenden gewesen sei. Von den im Haftungszeitraum getätigten Ausgaben seien ca. 2.300 € auf die Rückzahlung der Corona-Soforthilfe entfallen. Ferner habe sich die Antragstellerin durch die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht während der Pandemie durch das COVInsAG auch vor einer Haftungsinanspruchnahme geschützt gefühlt. Ohne die unerwarteten Steuernachzahlungen aufgrund der vGA hätte sie keinen Insolvenzantrag stellen müssen.

Im Ergebnis:

Der Antrag hatte teilweise Erfolg:

Die Antragstellerin haftet als Geschäftsführerin dem Grunde nach gemäß § 69 AO für die rückständigen Steuern der UG.

Nach dem Grundsatz der anteiligen Tilgung kann sie jedoch bei summarischer Betrachtung lediglich in Höhe von 35 % der rückständigen Steuern in Anspruch genommen werden.

Es ist ernstlich zweifelhaft, bei der Berechnung der Haftungsquote die Rückzahlung der Corona-Soforthilfe in die Gesamtverbindlichkeiten und in die bezahlten Verbindlichkeiten der UG einzubeziehen, da die Soforthilfe zweckgebunden und damit nicht pfändbar ist.

Daraus ergibt sich, dass der Betrag auch nicht für alte Steuerschulden verwendet werden darf. Ohne Berücksichtigung des Rückzahlungsbetrages haben der UG Mittel zur Verfügung gestanden, um ca. 35 % der Gesamtverbindlichkeiten zu tilgen.

Die Regelungen des COVInsAG stehen einer Haftungsinanspruchnahme der Antragstellerin nicht entgegen. Dieses Gesetz ist bereits nicht einschlägig, da die Insolvenzreife der UG nach eigenen Angaben der Antragstellerin nicht auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie, sondern auf die unerwarteten Steuerverbindlichkeiten aufgrund der vGA zurückzuführen ist.

Im Übrigen ist die Pflicht zur anteiligen Tilgung der Steuerschulden und die bei Verletzung dieser Pflicht drohende Haftung nach § 69 AO nicht durch das COVInsAG ausgesetzt worden.

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