Anfechtung eines Testaments

Eine Testamentsanfechtung ist grundsätzlich möglich. Wer dies anstrebt, sollte die Folgen kennen. Wenn das Gericht feststellt, dass die letztwillige Verfügung des Erblassers unwirksam ist, kann unter anderem die gesetzliche Erbfolge zwangsläufig aufleben oder auch ein früheres Testament wirksam werden, wenn dieses existiert.

Ebenso kann die Anfechtung Folgen für Pflichtteilsberechtigte haben und Pflichtteilsansprüche aufleben lassen. Neben der Testamentsanfechtung ist das Mittel der Testamentsauslegung zu bedenken, das eher zum Ziel führen könnte. Schauen wir uns nun die Bedingungen an, unter denen das Erbrecht die Anfechtung eines Testaments erlaubt.

Formunwirksamkeit des Testaments

Das Erbrecht schreibt die Formwirksamkeit der letztwilligen Verfügung vor. Idealerweise hat sie ein Notar beurkundet. Wenn dies nicht geschehen ist und sie nur handschriftlich vorliegt, kann es sich lohnen, die Formwirksamkeit überprüfen zu lassen. Möglicherweise machen Formfehler die Verfügung unwirksam.

Anfechtung wegen Testamentsfälschung

Eine Testamentsfälschung ist zwar in der Praxis nicht oft anzutreffen, kommt aber vor.

Zu erkennen ist sie unter anderem in einer handschriftlich verfassten letzten Verfügung an einer Handschrift des vermeintlichen Erblassers, die stark von der in seinen früheren Schriftstücken abweicht. Um diese Fälschung zu belegen, ist ein grafologisches Gutachten erforderlich.

Dieses genügt allerdings in der Regel vor Gericht nicht als alleiniger Beweis. Der Richter erkennt auf Fälschung, wenn ein „plausibler Grad an Gewissheit“ vorliegt, der sich unter anderem aus einer Abweichung der getroffenen Verfügung von bekannten früheren Intentionen des Erblassers ergibt.

Testierunfähigkeit unter anderem wegen psychischer Erkrankung

Wenn der Erblasser nicht testierfähig war, ist eine Testamentsanfechtung möglich. Testierfähigkeit bedeutet, dass er selbstständig handeln und dabei auch eigenverantwortlich entscheiden konnte.

Er musste ihm klar sein, dass er seine letztwillige Verfügungen aufsetzt und welche Folgen diese hat. Möglicherweise konnte er aber schon keine vernünftigen Entscheidungen mehr treffen, weil seine Urteilsfähigkeit durch Demenz, eine Depression, eine Psychose oder eine Manie beeinträchtigt war, was zu belegen wäre.

Einflussnahme einer anderen Person auf die letztwillige Verfügung

Das Erbrecht bestimmt, dass die letztwillige Verfügung nur höchstpersönlich aufgesetzt werden darf. Daher kann der Erblasser bei diesem Vorgang weder durch einen Betreuer noch durch einen Bevollmächtigten vertreten werden – selbst dann nicht, wenn er es wünscht.

Sollte es so eine Vertretung und Beeinflussung gegeben haben, ist das Testament unwirksam. Es genügt bei der Anfechtung, das Zugegensein einer anderen Person beim Aufsetzen der Verfügung zu belegen.

Schon damit erlaubt das Erbrecht eine Testamentsanfechtung, weil immer vermutet werden muss, dass diese helfende Person im Eigeninteresse gehandelt hat. Es kommt sogar häufiger vor, dass Angehörige, Pfleger*innen oder Betreuer*innen einer älteren Person ihre letztwillige Verfügung diktieren.

Testamentserrichtung unter Bedrohung

Dieser Fall ist wiederum eher selten, aber ebenfalls nicht auszuschließen: Der Erblasser wurde mit einer Drohung dazu veranlasst, in die letztwillige Verfügung einen bestimmten Inhalt aufzunehmen, was zu deren Anfechtung führt.

Es ist in diesem Fall unerheblich, ob die drohende Person selbst vom betreffenden Testamentsinhalt profitiert oder ob eine dritte Person dadurch begünstigt wird. Solche Drohungen sind unter anderem gegen kranke und/oder alte Menschen möglich, die von einer Pflege abhängig sind. Sie fürchten sich davor, nicht mehr ausreichend versorgt zu werden oder hilflos zu sterben. Manchmal wird der Erblasser auch mit einer Strafanzeige bedroht.

Inhalts- oder Erklärungsirrtum im Testament

Wie jede Willenserklärung muss auch die letzte Verfügung inhaltlich korrekt und gewollt sein. Zu erkennen ist ein Inhalts- oder Erklärungsirrtum unter anderem daran, dass die Verfügung grobe Schreibfehler oder die (unbegründete) Begünstigung der gesetzlichen Erben enthält.

Auch Irrtümer bezüglich der gesetzlichen Erbfolge fallen darunter. Es ist in solchen Fällen lediglich die subjektive Sichtweise des Erblassers entscheidend, auch wenn diese irrational ist. Unbeachtlich ist hingegen ein sogenannter Rechtsfolgenirrtum, wenn beispielsweise der Erblasser beim Verfassen eines Ehegattentestaments die Bindungswirkung von wechselbezüglichen Verfügungen nicht kennt.

Motivirrtum: Erbrecht vs. nicht erfüllte Erwartungen

Ein Motivirrtum des Erblassers bedeutet, dass sich dieser über einen Beweggrund irrt. Dies ist zu überprüfen, indem die anfechtenden Erben die Erwartungen und Vorstellungen des Erblasser vor seiner Testamentserrichtung auf den Prüfstand stellen.

Er könnte beispielsweise angenommen haben, dass ihn seine testamentarisch bedachte Lebensgefährtin bald heiraten oder ein testamentarischer Erbe ihn künftig pflegen werde. Auch die falsche (zu hohe oder zu niedrige) Bewertung von Vermächtnisgegenständen gehört zu den Motivirrtümern, wegen derer sich eine letztwillige Verfügung anfechten lässt.

Testamentsanfechtung wegen der Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten

Pflichtteilsberechtigte dürfen nicht übergangen bzw. vorsätzlich testamentarisch ausgeschlossen werden. Dies ist nur in sehr eng zu begründenden Ausnahmefällen (Verurteilung wegen schwerer Straftat, Bedrohung des Erblassers etc.) möglich.

Sollte der Erblasser dennoch einen Pflichtteilsberechtigten ausgeschlossen haben, kann die letztwillige Verfügung insgesamt angefochten werden, weil sich dadurch vollkommen neue Anteile für alle Erben ergeben.

Manchmal schließt ein Erblasser Pflichtteilsberechtigte auch irrtümlich bzw. versehentlich aus, wenn er beispielsweise nach der Testamentserrichtung noch einmal heiratet und/oder ein Kind bekommt.

Dann kommen neue Pflichtteilsberechtigte hinzu, die zu berücksichtigen sind. Zu vermuten wäre, dass der Erblasser in Kenntnis dieser Umstände anders testiert hätte. Diese Vermutung müsste widerlegt werden, um die Anfechtung des Testaments zu verhindern.

Bindung des Erblassers an vormalige Ehegattentestamente oder Erbverträge

Das Erbrecht anerkennt die Unwirksamkeit der letztwilligen Verfügung, wenn der Erblasser eigentlich an vormalige Ehegattentestamente oder Erbverträge gebunden war. Mit diesen müsste die Verfügung vereinbar sein, was nicht immer der Fall ist.

Ein früheres wirksames Ehegattentestament etwa entfaltet eine Bindungswirkung. Dasselbe ist bei einem Erbvertrag der Fall. Solche früheren Vereinbarungen lassen sich nicht mehr widerrufen oder anderslautend testieren, es sei denn, es werden ganz bestimmte Formalien eingehalten.

Selbst dann sind diese Möglichkeiten eng begrenzt und bei Erbverträgen sogar ausgeschlossen, wenn es nicht ein explizit vereinbartes Widerrufsrecht gibt.

Was passiert nach einer Scheidung?

Eine Testamentsanfechtung ist grundsätzlich möglich, wenn sich der Erblasser vor dem Erbfall scheiden lässt. Sogar der Antrag auf Scheidung genügt hierfür. Dieser Fall ist besonders brisant, weil regelmäßig strittig.

Wer jedoch eine/n Lebensgefährt*in begünstigt, kann vom Fortbestand der letztwilligen Verfügung ausgehen, weil es im deutschen Erbrecht keine analoge Anwendung auf die eheähnliche Lebensgemeinschaft gibt.

Weitere Voraussetzungen für eine Testamentsanfechtung

Die Anfechtung des Testaments ist auch wegen gesetzlicher Verbote und wegen Sittenwidrigkeit möglich. So erlaubt das deutsche Erbrecht beispielsweise nicht die Begünstigung von Kranken- und Pflegeheimen. Wer das Testament anfechten möchte, muss diesen Schritt innerhalb eines Jahres nach dem Erbfall bzw. der Kenntnisnahme der Anfechtbarkeit gehen.

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