Die Insolvenzverschleppung gem. § 15 a InsO – Das am häufigsten verfolgte Delikt im Insolvenzverfahren

Insolvenzverschleppung ist bei jedem Insolvenzverfahren – gleich ob das Verfahren eröffnet oder mangels Masse (§ 26 InsO) abgewiesen wird, Prüfungsgegenstand der jeweils zuständigen Staatsanwaltschaft.

Eine Insolvenzverschleppung nach § 15a der Insolvenzordnung (InsO) liegt vor,

1. wenn die Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO oder
2. die Überschuldung nach § 19 InsO gegeben ist.

In diesem Fall ist der Geschäftsführer einer GmbH oder der Vorstand einer Aktiengesellschaft verpflichtet, binnen einer Frist von drei Wochen Insolvenzantrag zu stellen.

Versäumt er diese Frist, liegt im Ergebnis eine Insolvenzverschleppung im Sinne des § 15 a InsO vor.

Rechtstipp Rechtsanwalt Björn W. Kasper:

Ich empfehle – ohne anwaltlichen Beistand und ohne Kenntnis der Aktenlage – keine Aussagen vor den Strafverfolgungsbehörden zu tätigen. Aus einem Schweigen oder der Tatsache, dass man einen Rechtsanwalt einsetzt, dürfen keinerlei Schlüsse zum Nachteil des Beschuldigten oder Angeklagten gezogen werden (BGHSt 20, 281).

Vorsatz, Kennenmüssen, Irrtum und Fahrlässigkeit

Wir halten fest:

Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht. Dies trifft bei der Insolvenzverschleppung zu.

Definitionen:

Vorsatz bedeutet nach einer Kurzformel: Wissen und Wollen der Tatbestandverwirklichung. Fahrlässigkeit bedeutet, dass objektiv gegen eine Sorgfaltspflicht verstoßen wird und dieser Pflichtverstoß unmittelbar oder mittelbar eine Rechtsgutsverletzung zur Folge hat, die der Täter nach seinem subjektiven Kenntnissen und Fähigkeiten vorhersehen und vermeiden konnte.

Auf die Insolvenzverschleppung bezogen bedeutet dies:

Für die vorsätzliche Insolvenzverschleppung beginnt die Dreiwochenfrist erst mit Kenntnis des Täters von der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung. Die Insolvenzreife liegt zwar mit dem objektiven Eintritt dieser Umstände vor, dennoch ist für die zivil- und strafrechtlichen Folgen der Insolvenzverschleppung die Kenntnis des Täters erforderlich.

Die Insolvenzantragspflicht stellt – in der Gesetzesbegründung zu § 15a InsO – auf die „Kenntnis“ der relevanten Umstände ab. Nur positive Kenntnis ist nach der Begründung von Bedeutung. Ein Kennenmüssen genügt nicht. Das „bewusste Verschließen vor der Kenntnis“ indes ist der Kenntnis gleichzustellen.

Die fahrlässige Insolvenzverschleppung im Sinne des § 15 a InsO:

Bei der fahrlässigen Insolvenzverschleppung kommt es hingegen für den Beginn der Frist auf den Zeitpunkt der fahrlässigen Unkenntnis an. Wer bei der Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, unterliegt einem Irrtum über Tatumstände und handelt nicht vorsätzlich, § 16 StGB.

Strafhöhe und der Ausschlussgrund als Geschäftsführer

Der bewirkte Schaden und die Dauer der Verschleppung sind maßgeblich für die Strafhöhe. Bei einem großen Schaden droht Freiheitsstrafe.

In § 15a InsO ist zur Strafhöhe folgendes geregelt:

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 einen Insolvenzantrag nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

Neben einer Strafe tritt bei einer Verurteilung wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung auch die Wirkung ein, dass man in Zukunft für einen bestimmten Zeitraum von 5 Jahren nicht mehr Geschäftsführer sein darf. Ausschlussgründe für die Geschäftsführertätigkeit (Inhabilität) sind folgende:

-Insolvenzverschleppung (§ 15a InsO)
-falsche Angaben gegenüber dem Registergericht (82 GmbHG bzw. § 399 AktG
-unrichtige Darstellung (§ 400 AktG, § 331 HGB, § 313 UmwG, § 17 PublG)
-Betrug (§ 263 StGB)
-Computerbetrug (§ 263a StGB)
-Subventionsbetrug (§ 264 StGB)
-Kapitalanlagebetrug (§ 264a StGB)
-Kreditbetrug (§ 265b StGB)
-Untreue (§ 266 StGB)
-Beitragsvorenthaltung (§ 266a StGB)

Diese Ausschlussgründe bestehen neben den „klassischen Ausschlussgründen“ geregelt in den §§ 283 bis 283d StGB. Das sperrende Mindestmaß einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr greift nur für die in §6 Abs. 2 Nr. 3 lit. e GmbHG angeführten Delikte (§§ 263 ff. StGB).

Strafverteidigung im Bereich der Insolvenzverschleppung

Die Ermittlungsbehörden sehen sich gezwungen umfangreiche Ermittlungen und Beweise erheben. Bei den jeweils zuständigen Strafverfolgungsbehörden besteht in streitigen Fällen regelmäßig eine Bereitschaft, sich mit der Verteidigung im Rahmen eines Rechtsgesprächs (DEAL) zu verständigen.

Zu bedenken gilt:

Da bei Insolvenzfällen meistens wegen mehrerer verschiedener Straftatbestände parallel ermittelt wird (z.B. Vorenthaltung von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung, § 266 a StGB, nicht ordnungsgemäßer Buchführung, verspätete Bilanzerstellung, Bankrotthandlungen) ist es häufiges Ziel der Verteidigung, hinsichtlich einer oder mehrerer Tatkomplexe eine Verfahrenseinstellung bzw. einen Freispruch zu erreichen.

Bei einer im Raum stehenden Verurteilung wegen der Gesamtumstände ist es das Ziel einer Strafverteidigung im Insolvenzstrafrecht, eine moderate Geldstrafe zu erzielen. Bei Zweifeln ist ein Freispruch oder eine Verurteilung wegen fahrlässiger Insolvenzverschleppung das Verteidigungsziel. Bei einer Verurteilung wegen fahrlässiger Insolvenzverschleppung besteht kein Ausschlussgrund als Geschäftsführer.

Rechtsanwalt B. W. Kasper als Ihr Insolvenzstrafverteidiger

Bei Insolvenzstrafsachen sind Spezialkenntnisse erforderlich:

1. Kenntnisse im materiellen Insolvenzrecht,
2. detaillierte Kenntnisse der Abläufe des Insolvenzverfahrensrechts,
3. Informationsbeschaffung von verteidigungsrelevanten Daten aus dem Insolvenzverfahren,
4. gute Kenntnisse von betriebswirtschaftlichen Sachverhalten, Kooperationen zu Wirtschaftsprüfungsgesellschaften,
Verhandlungsgeschick.

Sprechen Sie uns an. Wir sind gerne für Sie da.

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