Als Azubi möchte man es natürlich jedem recht machen und denkt dabei viel zu selten an sich selbst. Dabei sollte man gerade als Azubi nie seine Rechte aus den Augen verlieren. Dieser Ratgeber soll die Rechte der Azubis noch einmal verdeutlichen.
Allgemeines
Das Ausbildungsverhältnis zwischen Azubi und Ausbilder ist kein typisches Arbeitsverhältnis. Zwar arbeitet der Azubi in seinem Ausbildungsbetrieb, dennoch ist er umfangreicher von rechtlichen Vorschriften geschützt.
Im Allgemeinen hat eine Ausbildung den Zweck, dass der Azubi die erforderlichen Berufserfahrungen sammelt. Somit hat die Ausbildung einen sehr großen Stellenwert, da der Arbeitgeber in einem viel größeren Umfang auf die Arbeit eines ausgelernten Mitarbeiters zurückgreifen kann als auf die eines Azubis. Die nötigen Kenntnisse lernt der Azubi jedoch in seiner Ausbildung. Sie bildet also die Grundlage für die Zukunft.
Daher gibt es eine Vielzahl an Vorschriften, die das Ausbildungsverhältnis regeln und von einem klassischen Arbeitsverhältnis unterscheiden. Diese sind überwiegend im Berufsbildungsgesetzt (BBiG) geregelt.
Wie lange muss ich als Azubi eigentlich arbeiten?
Über die Arbeitszeiten eines Azubis enthält das BBiG keine Regelungen. Für Azubis, die noch keine 18 Jahre alt sind, befinden sich die Regelungen im Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG). Für volljährige Azubis gilt das Arbeitszeitgesetz (ArbZG).
Nach den entsprechenden Vorschriften gilt, dass minderjährige Azubis nicht länger als 8 Stunden am Tag und nicht mehr als 40 Stunden in der Woche arbeiten dürfen.
Grundsätzlich gilt die 8-Stunden-Regelung auch für volljährige Azubis. Hier können jedoch Ausnahmen gemacht werden. Gemäß § 3 Satz 2 ArbZG kann die tägliche Arbeitszeit auf bis zu 10 Stunden verlängert werden. Zu berücksichtigen ist hierbei jedoch, dass innerhalb von 24 Wochen die durchschnittliche Arbeitszeit von täglich 8 Stunden nicht überschritten werden darf.
Überstunden sind nur im Notfall zulässig und nur dann, wenn kein volljähriger Beschäftigter verfügbar ist. Diese müssen aber innerhalb von drei Wochen durch einen Freizeitausgleich abgebaut werden.
Im Falle eines Tarifvertrages kann auch ein abweichender Ausgleichszeitraum bestimmt werden, allgemein müssen die Überstunden trotzdem ausgeglichen werden.
Das Verhältnis von Arbeitszeit und Berufsschule
Die allgemeine Regelung besagt, dass der Azubi in seinem Betrieb arbeiten muss sobald die Berufsschule nicht stattfindet. Hierbei gilt, dass bei einem Unterrichtsbeginn vor 9 Uhr der Azubi vorher nicht im Betrieb eingesetzt werden darf.
Für minderjährige Azubis gilt darüber hinaus die Regelung, dass diese an einem Berufsschultag nicht mehr als fünf Unterrichtsstunden (also jeweils 45 Minuten) im Betrieb arbeiten dürfen.
Darüber hinaus gilt für Blockunterricht, dass der Azubi nicht im Betrieb beschäftigt werden darf, wenn der Unterricht an mindestens fünf Tagen insgesamt zu 25 Unterrichtsstunden stattfindet. Hierbei sind dann jedoch zwei zusätzliche betriebliche Ausbildungsveranstaltungen in einer Woche möglich.
Der Berufsschulunterricht wird dem Azubi als Arbeitszeit angerechnet, so werden Berufsschultage mit mindestens 5 Stunden in der Abrechnung als ein Arbeitstag mit 8 Stunden verbucht und eine Berufsschulwoche mit mindestens 25 Stunden wird als eine Arbeitswoche mit 40 Stunden abgerechnet.
Zwei Beispiele:
A ist 17 Jahre alt. In ihrer ersten Woche arbeitet sie von Montag bis Donnerstag täglich 7 Stunden im Betrieb. Am Freitag ist sie für 5 Stunden in der Berufsschule (5 x 45 Minuten). In ihrer monatlichen Abrechnung wird Woche 1 mit 36 Stunden berücksichtigt: 4 x 7 Stunden = 28 Stunden plus 8 Stunden (Berufsschultag) = 36 Stunden.
In ihrer zweiten Woche hat A von Montag bis Freitag 6 Stunden Berufsschule am Tag. Diese Woche wird in der Abrechnung dann mit 40 Stunden Arbeitszeit verbucht.
Wie viel Pause steht mir zu?
Für minderjährige Azubis gilt, dass sie nach 4,5 Stunden bis 6 Stunden Arbeitszeit im Betrieb ein Recht auf 30 Minuten Pause haben. Überschreitet die Arbeitszeit 6 Stunden, dann haben Azubis das Recht auf eine Stunde Pause. Als Pause gilt erst eine Arbeitsunterbrechung von 15 Minuten.
Die Pause kann frühestens nach einer Stunde Arbeitszeit und muss spätestens eine Stunde vor Arbeitsende genommen werden. Damit soll gesichert werden, dass eine Pause auch tatsächlich eine Arbeitsunterbrechung darstellt.
Zudem gilt für minderjährige Azubis, dass sie nach Ende der täglichen Arbeitszeit 12 Stunden ununterbrochene Freizeit haben müssen. Außerdem dürfen sie nur in der Zeit von 6 Uhr bis 20 Uhr beschäftigt sein. Doch auch hierfür gibt es Ausnahmen.
Demnach dürfen minderjährige Azubis:
– über 16 Jahre in Gaststätten- und Schaustellergewerbe bis 22 Uhr
– in mehrschichtigen Betrieben bis 23 Uhr
– in der Landwirtschaft ab 5 Uhr oder bis 21 Uhr
und in Bäckereien und Konditoreien ab 5 Uhr, minderjährige Azubis ab 17 Jahren ab 4 Uhr
arbeiten.
Was, wenn ich am nächsten Tag Berufsschule habe?
Im Falle, dass der Berufsschulunterricht am Tag nach einem Arbeitstag schon vor 9 Uhr beginnt, so darf ein minderjähriger Azubi nur bis spätestens 20 Uhr am Vortag gearbeitet haben.
Für jugendliche Azubis gilt, dass sie nur an 5 Tagen in der Woche beschäftigt werden dürfen und grundsätzlich nicht an Samstagen und Sonntagen. Doch auch hier gibt es wieder Ausnahmen. Berücksichtigt werden muss nämlich das Ausbildungsziel. Daher ist z.B. bei einer Ausbildung im ärztlichen Notdienst gemäß §16 Abs. 2 Nr. 10 JArbSchG die Beschäftigung von Jugendlichen erlaubt.
Für volljährige Azubis gilt hier das Arbeitszeitgesetz.
Hat jeder Azubi einen Anspruch auf Vergütung?
Für jeden Azubi besteht ein Anspruch auf Vergütung. Auch für die Zeiten des Berufsschulunterrichts ist diese zu zahlen.
Auch im Falle von Krankheit, Unterrichts- oder Betriebsausfall von bis zu 6 Wochen, hat der Auszubildende einen Anspruch auf Vergütung.
Wie viel Urlaub steht mir zu?
Jeder Azubi hat einen Anspruch auf Urlaub. Für Azubis, die am Anfang des Kalenderjahres noch nicht 16 Jahre alt sind, besteht ein Mindesturlaubsanspruch von 30 Werktagen. Für Azubis, die zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 17 Jahre alt sind, beträgt der Mindesturlaubsanspruch 27 Werktage und für Azubis vor dem 18. Geburtstag besteht ein Anspruch auf 25 Werktage.
Grundsätzlich soll der Urlaub in den Berufsschulferien genommen werden. Ist dem Arbeitgeber dies nicht möglich und muss der minderjährige Azubi am Unterricht der Berufsschule teilnehmen, so ist es die Pflicht des Arbeitgebers, für jeden Tag einen weiteren Urlaubstag zu bewilligen.
Tarifverträge
Durch Tarifverträge können unterschiedliche Abmachungen von den gesetzlichen Regelungen getroffen werden. Diese können z.B. die Dauer der Arbeitszeit, die Regelung der 5-Tage-Woche, die Pausen und die Arbeit am Wochenende betreffen.
Für volljährige Azubis gilt hier das Bundesurlaubsgesetz (BurlG) oder auch ein Tarifvertrag. Demnach beträgt für sie ein Urlaub mindestens 24 Tage bei einer 6-Tage-Woche.
Gelten für Azubis besondere Kündigungsregelungen?
Auch bei der Kündigung des Ausbildungsverhältnisses gelten besondere Regelungen.
Vor Beginn des Ausbildungsverhältnisses kann von beiden Seiten ohne Angaben von Gründen gekündigt werden. Einer Frist bedarf es hierzu nicht.
Nach Antritt des Ausbildungsverhältnisses ist zu unterscheiden zwischen einer Kündigung in und nach der Probezeit.
Kündigung in der Probezeit:
Das Ausbildungsverhältnis beginnt gemäß § 20 Satz 1 BBiG mit der Probezeit. Diese muss mindestens einen Monat und darf maximal vier Monate andauern. Während dieser Zeit besteht sowohl für den Azubi als auch für dessen Arbeitgeber Kündigungsfreiheit, beide Parteien können also jederzeit fristlos und ohne besondere Gründe kündigen.
Auch wenn die Kündigung in der Probezeit jederzeit möglich ist, gelten hierfür gewisse Voraussetzungen:
– die Kündigung muss schriftlich erfolgen
– die Kündigung muss dem Empfänger spätestens am letzten Tag der Probezeit zugehen.
– ein minderjähriger Azubi benötigt für die Kündigung die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters
– andersrum gilt für den Arbeitgeber, der einen minderjährigen Azubi kündigt, dass die Kündigung an den gesetzlichen Vertreter gerichtet sein muss
– auch eine Kündigung in der Probezeit darf nicht die besonderen Kündigungsvorschriften verletzen, wie z.B. den Mutterschutz
Wird ein vorrangegangenes Praktikum auf die Probezeit angerechnet?
Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht am 19.11.2015 entschieden. In dem konkreten Fall ging es um einen Azubi, welcher bereits vor Antritt der Ausbildung im August 2013 ein Praktikum seit Frühjahr 2013 im gleichen Betrieb absolvierte. Die vereinbarte Probezeit betrug 3 Monate. Am 29.10.2013 ging dem Azubi dann das Kündigungsschreiben zu, woraufhin er eine Kündigungsschutzklage erhob. Diese hatte jedoch weder vor dem Arbeitsgericht in Paderborn oder beim Landesarbeitsgericht in Hamm Erfolg und letzten Endes scheiterte die Klage auch vor dem Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Begründet wird dies damit, dass die Probezeit dazu dient, dass sich die Parteien gegenseitig gründlich kennenlernen können und dies erst unter den Voraussetzungen eines Ausbildungsverhältnisses möglich sei. Demnach sind ein Praktikum nicht auf die Dauer der Probezeit anzurechnen, da es sich um verschieden Vertragsverhältnisse mit unterschiedlichen Zielen handelt.
Kündigung nach der Probezeit
Während die Probezeit für den Azubi also eine äußerst wackelige Angelegenheit darstellt, ist der Azubi nach der Probezeit dafür umso sicherer.
Denn nach der Probezeit gibt es für den Arbeitgeber nicht die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung, also mit sofortiger Wirkung, wie es sie für einen ausgelernten Angestellten gibt. Der Arbeitgeber kann den Azubi nur noch aus wichtigem Grund kündigen, also z.B., wenn der Azubi seinen Arbeitgeber bestiehlt.
Für den Azubi besteht hingegen die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung. Demnach kann er mit einer Frist von vier Wochen kündigen, wenn er das Ausbildungsverhältnis nicht fortführen möchte.
Auch kann der Azubi fristlos kündigen, z.B. wenn der Arbeitgeber ihn körperlich misshandelt oder beleidigt.
Allgemein gilt, dass eine Kündigung nach der Probezeit immer begründet sein muss.
Schadensersatz
Wenn die Ausbildung ohne Grund beendet wird, dann besteht für beide Seiten eventuell eine Pflicht zum Schadensersatz.
Diese Pflicht entfällt jedoch, wenn sich der Azubi für eine andere Ausbildung entscheidet oder berechtigt fristlos kündigt.
Lohnen sich Gewerkschaften?
Gewerkschaften bieten nicht nur Vorteile für Arbeitnehmer mit abgeschlossener Ausbildung, sie setzen sich auch für Auszubildende ein. So verfügen sie über geschulte Berater, die den Auszubildenden bei allen Belangen, die das Thema Ausbildung betreffen, weiterhelfen. Die Gewerkschaften kennen sich mit den Vereinbarungen in den Tarifverträgen und den Ausbildungsordnungen aus und können dementsprechend eine gute Unterstützung darstellen.
Auch, wenn der Azubi Probleme mit seinem Arbeitgeber hat, stehen die Gewerkschaften dem Azubi zur Seite, indem sie zwischen ihm und seinem Arbeitgeber kooperieren und gemeinsam nach einer Lösung sucht.
Wann endet die Ausbildung?
In aller Regel endet das Ausbildungsverhältnis mit der Mitteilung der Prüfungsergebnisse durch den Prüfungsausschuss.
Besteht ein Azubi die Abschlussprüfung nicht, so verlängert sich die Ausbildung bis zum nächstmöglichen Prüfungstermin, maximal jedoch um ein Jahr.
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