Aus dem Arbeitsrecht – Lohnzahlung erfolgt verspätet? Wann der Arbeitgeber haftet

Lohnzahlung – eine verspätete Zahlung wirkt sich möglicherweise auf das Elterngeld aus

Die Pflicht des Arbeitgebers besteht darin dem Arbeitnehmer seinen vertraglich vereinbarten Lohn oder sein Gehalt zu bezahlen und zwar pünktlich. Dies Entschied das Landesarbeitsgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 27.05.2020 (Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 27.05.2020, Az. 12 Sa 716/19).

Das Elterngeld hängt nämlich als Beispiel von der Höhe der zuvor erzielten Einkünfte ab. Sollte eine Lohnzahlung nun verspätet sein, kann dies negative Auswirkungen für die Eltern haben. Der Arbeitgeber trägt in diesem Fall die Verantwortung, durch die verspätete Zahlung.

Sollte ein Elterngeld also daher geringer ausfallen, weil der Arbeitnehmer seinen Lohn mit mehrmonatigen Verspätungen erhält, muss der Arbeitgeber hierfür einstehen und die entstehende Differenz übernehmen, so das Gericht.

Schuldhaftes Handeln

Im vorliegenden Fall ging es um eine Frau, die ein Beschäftigungsverbot aufgrund ihrer Schwangerschaft ausgesprochen bekam. Der Arbeitgeber zahlte den Lohn dann erst wieder drei Monate verspätet. Dies hatte zur Folge, dass der Frau bei der Berechnung des Elterngeldes 0 Euro angesetzt wurden. Die Differenz zu dem monatlich höheren Betrag wäre der Lohn ordentlich gezahlt worden, hat laut Gericht nun der Arbeitgeber zu tragen. Diese Differenz sei im Wege des Schadensersatzes zu erstatten, da sich der Arbeitgeber mit dem Lohn in Verzug befand und schuldhaft handelte.

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Haben Sie Ihren Urlaub korrekt berechnet? Berechnungsformel zum Urlaubsanspruch bei Wechselschichttätigkeit

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg hat entschieden: Bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) sind Freischichten nicht zu berücksichtigen, wenn diese bei Fälligkeit des Urlaubsanspruchs zu Beginn des Kalenderjahrs nicht dienstplanmäßig feststehen.

Zum Sachverhalt:

Die Klägerin ist bei dem beklagten Land im Gefangenenbewachungsdienst in Wechselschicht beschäftigt. Das beklagte Land stellt die Dienstpläne für das jeweils folgende Kalenderjahr vor Beginn des Jahres auf und sieht bei der Dienstplanung einen durchgehenden Turnus im gesamten Kalenderjahr ohne Einplanung von Freischichten, Urlaubstagen und Zusatzurlaubstagen vor. Die Dienstpläne haben einen von der 5-Tage-Woche abweichenden Schicht-Rhythmus. Aufgrund der Abweichung ist die Höhe des Urlaubsanspruchs nach § 26 Abs. 1 S. 4 TV-L gesondert zu berechnen.

Dies erfolgt nach der Formel:

Urlaubstage x Arbeitstage im Jahr bei abweichender Verteilung
Arbeitstage im Jahr bei einer Fünftagewoche

Streit besteht zwischen den Parteien darüber, wie die in der Formel einzusetzenden Arbeitstage zu ermitteln sind. Das beklagte Land hat bei der Ermittlung der Arbeitstage der Klägerin die durchschnittlich zum Zweck der Einhaltung der tariflichen Jahresarbeitszeit in der Wechselschicht zu gewährenden Freischichten von den dienstplanmäßig vorgesehenen Schichten abgezogen. Die Freischichten seien abzuziehen, weil während dieser Schichten keine Arbeitspflicht bestehe.

Die Klägerin hält den Abzug der Freischichten von den dienstplanmäßigen Arbeitstagen für unzulässig und hat auf die Feststellung weiterer Urlaubstage geklagt.

So sieht es das LAG

Das LAG hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Bei einer von der Fünf-Tage-Woche abweichenden Verteilung der Arbeitszeit sei zu ermitteln, an wie vielen Kalendertagen dienstplanmäßig gearbeitet werden muss oder – in Fällen des nachträglichen Wegfalls der Arbeitspflicht, etwa wegen Arbeitsunfähigkeit, Urlaubs oder sonstiger Freistellung – hätte gearbeitet werden müssen.

Bei einem zu Beginn des Kalenderjahrs durchgängig für das gesamte Jahr aufgestellten Dienstplan ohne Einplanung von Freischichten seien Arbeitstage alle Kalendertage, an denen die Beschäftigten für einen Arbeitseinsatz in der Tag- oder Nachtschicht vorgesehen seien. § 26 Abs. 1 S. 3 TV-L regele ausdrücklich, dass Arbeitstage solche Kalendertage seien, an denen die Beschäftigten dienstplanmäßig zur Arbeit vorgesehen seien.

Nachträgliche Änderungen des Dienstplans hätten keinen Einfluss auf den Jahresurlaubsanspruch, der am 1.1. des Kalenderjahrs fällig sei und genommen werden könne. Es könne nicht erst am Jahresende rückblickend geprüft und festgestellt werden, wie viele Freischichten an ursprünglich geplanten Arbeitstagen tatsächlich gewährt worden seien – im Fall der Klägerin deutlich weniger als die durchschnittlich zu gewährenden Freischichten.

Das LAG hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) nicht zugelassen.

Quelle | LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 4.5.2022, 23 Sa 1135/21, PM 13/22 vom 24.6.2022

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Kündigungsschutzklage – Private Nutzung eines Firmenwagens. Keine Kündigung ohne Abmahnung

Der Arbeitgeber hatte in der Vergangenheit die kurzzeitige Nutzung von Firmenfahrzeugen zu privaten Zwecken nach Rücksprache mit dem Vorgesetzten gestattet. Ein Arbeitnehmer hatte dann das Fahrzeug ohne Erlaubnis genutzt, da er in diesem Moment nicht die Möglichkeit hatte, Kontakt zu seinem Vorgesetzten aufzunehmen.

Der Arbeitgeber hatte das zum Anlass genommen, dem Arbeitnehmer zu kündigen. Dessen Kündigungsschutzklage hatte vor dem LAG Erfolg. Es machte deutlich, dass die Pflichtverletzung hier nicht so groß sei, dass sie eine umgehende Kündigung rechtfertigen würde. Es sei in diesem Fall vielmehr erforderlich gewesen, vor Ausspruch der Kündigung die Pflichtverletzung abzumahnen.

Quelle | LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 21.6.2022, 5 Sa 245/21

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Azubis aufgepasst! – Ein Rechtsratgeber zu den Rechten der Auszubildenden im Ausbildungsverhältnis

Als Azubi möchte man es natürlich jedem recht machen und denkt dabei viel zu selten an sich selbst. Dabei sollte man gerade als Azubi nie seine Rechte aus den Augen verlieren. Dieser Ratgeber soll die Rechte der Azubis noch einmal verdeutlichen.

Allgemeines

Das Ausbildungsverhältnis zwischen Azubi und Ausbilder ist kein typisches Arbeitsverhältnis. Zwar arbeitet der Azubi in seinem Ausbildungsbetrieb, dennoch ist er umfangreicher von rechtlichen Vorschriften geschützt.

Im Allgemeinen hat eine Ausbildung den Zweck, dass der Azubi die erforderlichen Berufserfahrungen sammelt. Somit hat die Ausbildung einen sehr großen Stellenwert, da der Arbeitgeber in einem viel größeren Umfang auf die Arbeit eines ausgelernten Mitarbeiters zurückgreifen kann als auf die eines Azubis. Die nötigen Kenntnisse lernt der Azubi jedoch in seiner Ausbildung. Sie bildet also die Grundlage für die Zukunft.

Daher gibt es eine Vielzahl an Vorschriften, die das Ausbildungsverhältnis regeln und von einem klassischen Arbeitsverhältnis unterscheiden. Diese sind überwiegend im Berufsbildungsgesetzt (BBiG) geregelt.

Wie lange muss ich als Azubi eigentlich arbeiten?

Über die Arbeitszeiten eines Azubis enthält das BBiG keine Regelungen. Für Azubis, die noch keine 18 Jahre alt sind, befinden sich die Regelungen im Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG). Für volljährige Azubis gilt das Arbeitszeitgesetz (ArbZG).

Nach den entsprechenden Vorschriften gilt, dass minderjährige Azubis nicht länger als 8 Stunden am Tag und nicht mehr als 40 Stunden in der Woche arbeiten dürfen.

Grundsätzlich gilt die 8-Stunden-Regelung auch für volljährige Azubis. Hier können jedoch Ausnahmen gemacht werden. Gemäß § 3 Satz 2 ArbZG kann die tägliche Arbeitszeit auf bis zu 10 Stunden verlängert werden. Zu berücksichtigen ist hierbei jedoch, dass innerhalb von 24 Wochen die durchschnittliche Arbeitszeit von täglich 8 Stunden nicht überschritten werden darf.

Überstunden sind nur im Notfall zulässig und nur dann, wenn kein volljähriger Beschäftigter verfügbar ist. Diese müssen aber innerhalb von drei Wochen durch einen Freizeitausgleich abgebaut werden.

Im Falle eines Tarifvertrages kann auch ein abweichender Ausgleichszeitraum bestimmt werden, allgemein müssen die Überstunden trotzdem ausgeglichen werden.

Das Verhältnis von Arbeitszeit und Berufsschule

Die allgemeine Regelung besagt, dass der Azubi in seinem Betrieb arbeiten muss sobald die Berufsschule nicht stattfindet. Hierbei gilt, dass bei einem Unterrichtsbeginn vor 9 Uhr der Azubi vorher nicht im Betrieb eingesetzt werden darf.

Für minderjährige Azubis gilt darüber hinaus die Regelung, dass diese an einem Berufsschultag nicht mehr als fünf Unterrichtsstunden (also jeweils 45 Minuten) im Betrieb arbeiten dürfen.

Darüber hinaus gilt für Blockunterricht, dass der Azubi nicht im Betrieb beschäftigt werden darf, wenn der Unterricht an mindestens fünf Tagen insgesamt zu 25 Unterrichtsstunden stattfindet. Hierbei sind dann jedoch zwei zusätzliche betriebliche Ausbildungsveranstaltungen in einer Woche möglich.

Der Berufsschulunterricht wird dem Azubi als Arbeitszeit angerechnet, so werden Berufsschultage mit mindestens 5 Stunden in der Abrechnung als ein Arbeitstag mit 8 Stunden verbucht und eine Berufsschulwoche mit mindestens 25 Stunden wird als eine Arbeitswoche mit 40 Stunden abgerechnet.

Zwei Beispiele:

A ist 17 Jahre alt. In ihrer ersten Woche arbeitet sie von Montag bis Donnerstag täglich 7 Stunden im Betrieb. Am Freitag ist sie für 5 Stunden in der Berufsschule (5 x 45 Minuten). In ihrer monatlichen Abrechnung wird Woche 1 mit 36 Stunden berücksichtigt: 4 x 7 Stunden = 28 Stunden plus 8 Stunden (Berufsschultag) = 36 Stunden.
In ihrer zweiten Woche hat A von Montag bis Freitag 6 Stunden Berufsschule am Tag. Diese Woche wird in der Abrechnung dann mit 40 Stunden Arbeitszeit verbucht.
Wie viel Pause steht mir zu?

Für minderjährige Azubis gilt, dass sie nach 4,5 Stunden bis 6 Stunden Arbeitszeit im Betrieb ein Recht auf 30 Minuten Pause haben. Überschreitet die Arbeitszeit 6 Stunden, dann haben Azubis das Recht auf eine Stunde Pause. Als Pause gilt erst eine Arbeitsunterbrechung von 15 Minuten.

Die Pause kann frühestens nach einer Stunde Arbeitszeit und muss spätestens eine Stunde vor Arbeitsende genommen werden. Damit soll gesichert werden, dass eine Pause auch tatsächlich eine Arbeitsunterbrechung darstellt.

Zudem gilt für minderjährige Azubis, dass sie nach Ende der täglichen Arbeitszeit 12 Stunden ununterbrochene Freizeit haben müssen. Außerdem dürfen sie nur in der Zeit von 6 Uhr bis 20 Uhr beschäftigt sein. Doch auch hierfür gibt es Ausnahmen.

Demnach dürfen minderjährige Azubis:

– über 16 Jahre in Gaststätten- und Schaustellergewerbe bis 22 Uhr
– in mehrschichtigen Betrieben bis 23 Uhr
– in der Landwirtschaft ab 5 Uhr oder bis 21 Uhr
und in Bäckereien und Konditoreien ab 5 Uhr, minderjährige Azubis ab 17 Jahren ab 4 Uhr
arbeiten.

Was, wenn ich am nächsten Tag Berufsschule habe?

Im Falle, dass der Berufsschulunterricht am Tag nach einem Arbeitstag schon vor 9 Uhr beginnt, so darf ein minderjähriger Azubi nur bis spätestens 20 Uhr am Vortag gearbeitet haben.

Für jugendliche Azubis gilt, dass sie nur an 5 Tagen in der Woche beschäftigt werden dürfen und grundsätzlich nicht an Samstagen und Sonntagen. Doch auch hier gibt es wieder Ausnahmen. Berücksichtigt werden muss nämlich das Ausbildungsziel. Daher ist z.B. bei einer Ausbildung im ärztlichen Notdienst gemäß §16 Abs. 2 Nr. 10 JArbSchG die Beschäftigung von Jugendlichen erlaubt.

Für volljährige Azubis gilt hier das Arbeitszeitgesetz.

Hat jeder Azubi einen Anspruch auf Vergütung?

Für jeden Azubi besteht ein Anspruch auf Vergütung. Auch für die Zeiten des Berufsschulunterrichts ist diese zu zahlen.

Auch im Falle von Krankheit, Unterrichts- oder Betriebsausfall von bis zu 6 Wochen, hat der Auszubildende einen Anspruch auf Vergütung.

Wie viel Urlaub steht mir zu?

Jeder Azubi hat einen Anspruch auf Urlaub. Für Azubis, die am Anfang des Kalenderjahres noch nicht 16 Jahre alt sind, besteht ein Mindesturlaubsanspruch von 30 Werktagen. Für Azubis, die zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 17 Jahre alt sind, beträgt der Mindesturlaubsanspruch 27 Werktage und für Azubis vor dem 18. Geburtstag besteht ein Anspruch auf 25 Werktage.

Grundsätzlich soll der Urlaub in den Berufsschulferien genommen werden. Ist dem Arbeitgeber dies nicht möglich und muss der minderjährige Azubi am Unterricht der Berufsschule teilnehmen, so ist es die Pflicht des Arbeitgebers, für jeden Tag einen weiteren Urlaubstag zu bewilligen.

Tarifverträge

Durch Tarifverträge können unterschiedliche Abmachungen von den gesetzlichen Regelungen getroffen werden. Diese können z.B. die Dauer der Arbeitszeit, die Regelung der 5-Tage-Woche, die Pausen und die Arbeit am Wochenende betreffen.

Für volljährige Azubis gilt hier das Bundesurlaubsgesetz (BurlG) oder auch ein Tarifvertrag. Demnach beträgt für sie ein Urlaub mindestens 24 Tage bei einer 6-Tage-Woche.

Gelten für Azubis besondere Kündigungsregelungen?

Auch bei der Kündigung des Ausbildungsverhältnisses gelten besondere Regelungen.
Vor Beginn des Ausbildungsverhältnisses kann von beiden Seiten ohne Angaben von Gründen gekündigt werden. Einer Frist bedarf es hierzu nicht.

Nach Antritt des Ausbildungsverhältnisses ist zu unterscheiden zwischen einer Kündigung in und nach der Probezeit.

Kündigung in der Probezeit:

Das Ausbildungsverhältnis beginnt gemäß § 20 Satz 1 BBiG mit der Probezeit. Diese muss mindestens einen Monat und darf maximal vier Monate andauern. Während dieser Zeit besteht sowohl für den Azubi als auch für dessen Arbeitgeber Kündigungsfreiheit, beide Parteien können also jederzeit fristlos und ohne besondere Gründe kündigen.

Auch wenn die Kündigung in der Probezeit jederzeit möglich ist, gelten hierfür gewisse Voraussetzungen:

– die Kündigung muss schriftlich erfolgen
– die Kündigung muss dem Empfänger spätestens am letzten Tag der Probezeit zugehen.
– ein minderjähriger Azubi benötigt für die Kündigung die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters
– andersrum gilt für den Arbeitgeber, der einen minderjährigen Azubi kündigt, dass die Kündigung an den gesetzlichen Vertreter gerichtet sein muss
– auch eine Kündigung in der Probezeit darf nicht die besonderen Kündigungsvorschriften verletzen, wie z.B. den Mutterschutz

Wird ein vorrangegangenes Praktikum auf die Probezeit angerechnet?

Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht am 19.11.2015 entschieden. In dem konkreten Fall ging es um einen Azubi, welcher bereits vor Antritt der Ausbildung im August 2013 ein Praktikum seit Frühjahr 2013 im gleichen Betrieb absolvierte. Die vereinbarte Probezeit betrug 3 Monate. Am 29.10.2013 ging dem Azubi dann das Kündigungsschreiben zu, woraufhin er eine Kündigungsschutzklage erhob. Diese hatte jedoch weder vor dem Arbeitsgericht in Paderborn oder beim Landesarbeitsgericht in Hamm Erfolg und letzten Endes scheiterte die Klage auch vor dem Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Begründet wird dies damit, dass die Probezeit dazu dient, dass sich die Parteien gegenseitig gründlich kennenlernen können und dies erst unter den Voraussetzungen eines Ausbildungsverhältnisses möglich sei. Demnach sind ein Praktikum nicht auf die Dauer der Probezeit anzurechnen, da es sich um verschieden Vertragsverhältnisse mit unterschiedlichen Zielen handelt.

Kündigung nach der Probezeit

Während die Probezeit für den Azubi also eine äußerst wackelige Angelegenheit darstellt, ist der Azubi nach der Probezeit dafür umso sicherer.

Denn nach der Probezeit gibt es für den Arbeitgeber nicht die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung, also mit sofortiger Wirkung, wie es sie für einen ausgelernten Angestellten gibt. Der Arbeitgeber kann den Azubi nur noch aus wichtigem Grund kündigen, also z.B., wenn der Azubi seinen Arbeitgeber bestiehlt.

Für den Azubi besteht hingegen die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung. Demnach kann er mit einer Frist von vier Wochen kündigen, wenn er das Ausbildungsverhältnis nicht fortführen möchte.

Auch kann der Azubi fristlos kündigen, z.B. wenn der Arbeitgeber ihn körperlich misshandelt oder beleidigt.

Allgemein gilt, dass eine Kündigung nach der Probezeit immer begründet sein muss.

Schadensersatz

Wenn die Ausbildung ohne Grund beendet wird, dann besteht für beide Seiten eventuell eine Pflicht zum Schadensersatz.

Diese Pflicht entfällt jedoch, wenn sich der Azubi für eine andere Ausbildung entscheidet oder berechtigt fristlos kündigt.

Lohnen sich Gewerkschaften?

Gewerkschaften bieten nicht nur Vorteile für Arbeitnehmer mit abgeschlossener Ausbildung, sie setzen sich auch für Auszubildende ein. So verfügen sie über geschulte Berater, die den Auszubildenden bei allen Belangen, die das Thema Ausbildung betreffen, weiterhelfen. Die Gewerkschaften kennen sich mit den Vereinbarungen in den Tarifverträgen und den Ausbildungsordnungen aus und können dementsprechend eine gute Unterstützung darstellen.

Auch, wenn der Azubi Probleme mit seinem Arbeitgeber hat, stehen die Gewerkschaften dem Azubi zur Seite, indem sie zwischen ihm und seinem Arbeitgeber kooperieren und gemeinsam nach einer Lösung sucht.

Wann endet die Ausbildung?

In aller Regel endet das Ausbildungsverhältnis mit der Mitteilung der Prüfungsergebnisse durch den Prüfungsausschuss.

Besteht ein Azubi die Abschlussprüfung nicht, so verlängert sich die Ausbildung bis zum nächstmöglichen Prüfungstermin, maximal jedoch um ein Jahr.

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Abfindungen im Arbeitsrecht – Ein Segen oder Fluch?

Abfindung im Arbeitsrecht – Ein Gesamtüberblick

Kommt es zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses haben Arbeitnehmer grundsätzlichen keinen Anspruch auf eine Abfindungszahlung. Das Kündigungsschutzgesetz und das Betriebsverfassungsgesetz grenzen den gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindungszahlung ein.

Für einen Anspruch auf eine Abfindung wird eine vertragliche oder tarifvertragliche Regelung oder ein entsprechender Sozialplan vorausgesetzt.

Was ist eine Abfindung?

Unter einer Abfindung versteht man die Zahlung einer Entschädigung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer bei dessen Entlassung aus dem Arbeitsverhältnis. Die Abfindung wird zusätzlich zu den ausstehenden Ansprüchen des Arbeitnehmers gezahlt.

Unter welchen Voraussetzungen hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf eine Abfindungszahlung?

Abfindung gemäß § 1 a KSchG bei betriebsbedingter Kündigung

Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer wegen dringender betrieblicher Erfordernisse kündigt gemäß § 1 Absatz 2 Satz 1 KSchG, steht dem Arbeitnehmer gemäß § 1 a KSchG mit Ablauf der Kündigungsfrist eine Abfindungszahlung zu.

Allerdings besteht der Anspruch auf die Abfindungszahlung nur, wenn der Arbeitnehmer innerhalb der Kündigungsfrist keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung aufgelöst ist, erhebt.

Für den gesetzlichen Abfindungsanspruch wird auch vorausgesetzt, dass der Arbeitgeber in der schriftlichen Kündigungserklärung auf den betrieblichen Kündigungsgrund eingeht. Zuletzt muss die schriftliche Kündigungserklärung darauf verweisen, dass der Arbeitnehmer die Abfindung beanspruchen kann, wenn er auf eine Klage verzichtet.

Keine gesetzliche Abfindungsregelung bei verhaltensbedingter Kündigung

Bei personenbedingten oder verhaltensbedingten Kündigungen hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung. Der Arbeitgeber kann entscheiden, ob er auf einen Abfindungsanspruch in seinem Kündigungsschreiben hinweisen möchte.

Wenn der Arbeitgeber auf keinen Abfindungsanspruch in der schriftlichen Kündigung verweist, so entsteht auch kein gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindung.

Zudem kann ein Abfindungsanspruch nur in größeren Betrieben, die den Regelungen des Kündigungschutzgesetzes unterliegen, wirksam werden.

Abfindung gemäß § 9 KSchG bei Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses

Das Kündigungsschutzgesetz regelt einen gesetzlichen Abfindungsanspruch des Arbeitnehmers, wenn durch eine Kündigungsschutzklage festgestellt wurde, dass die Kündigung des durch den Arbeitgeber unwirksam ist. Vorausgesetzt die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitnehmer nicht abverlangt werden.

In einem solchen Fall kann der Arbeitnehmer die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch das Gericht und die Verurteilung des Arbeitgebers zur Zahlung einer angemessenen Abfindung beantragen.

Gesetzlicher Abfindungsanspruch gemäß § 1 a KSchG in Praxis kaum relevant

Bei der betriebsbedingten Kündigung entsteht durch den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigung und Verzicht des Arbeitnehmers auf Erhebung der Kündigungsschutzklage ein Abfindungsanspruch. Meistens sind diese Voraussetzungen nicht allesamt gegeben, sodass kein Abfindungsanspruch entsteht. Wenn ein Arbeitnehmer sich dennoch eine Abfindungszahlung vom Arbeitgeber verschaffen möchte, bleibt nur noch die Erhebung einer Kündigungsschutzklage. Hierfür sollte der Arbeitnehmer unbedingt die Drei-Wochen-Frist für die Kündigungsschutzklage einhalten, um eine Abfindung erfolgreich durchzusetzen. Andernfalls gibt es für den Arbeitgeber keinen Grund für eine Einigung mit dem Arbeitnehmer, da nach Ablauf der Frist die Kündigung bestandskräftig wird.

Abfindung als Nachteilsausgleich

113 BetrVG regelt einen Abfindungsanspruch, wenn der Unternehmer von einem Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung abweicht. Dann kann Arbeitnehmer beim Arbeitsgericht Klage auf Verurteilung des Arbeitgebers zur Zahlung einer Abfindung einreichen.

Vertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber über Abfindung

Über die gesetzlichen Abfindungsregelungen der §§ 1 a und 9 KSchG sowie des § 113 BetrVG hinaus kann ein Anspruch auf Abfindung aus einer vertraglichen Regelung entstehen. Ein Abfindungsanspruch kann sich durch eine Regelung im Arbeitsvertrag, eine Abfindungsvereinbarung in einer Aufhebungsvereinbarung, einen gesonderten Abfindungsvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder durch eine im geltenden Tarifvertrag oder Sozialplan vereinbarten Abfindungsanspruch ergeben.

Aufhebungsverträge prüfen

Wenn ihr Arbeitgeber Ihnen einen Aufhebungsvertrag anbietet sollten Sie diesen sorgfältig prüfen oder prüfen lassen. Vorallem sollten Sie alle rechtlichen Fragen zur Kündigung, Aussichten einer Kündigungsschutzklage und Durchsetzung von Abfindungsansprüchen klären. Wenn durch eine Vereinbarung im Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis beendet wurde, kann im Zuge einer Kündigungsschutzklage die Beendigung nicht mehr aufgehoben werden. Zudem kann die Arbeitsagentur bei Aufhebungsverträgen eine Sperrfrist bis zu 12 Wochen für das Arbeitsgeld auferlegen.

Wie hoch ist die Abfindung?

Handelt es sich um eine Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung gemäß § 1 a KSchG, wird die Abfindungshöhe gesetzlich geregelt. In einem solchen Fall kann der Arbeitnehmer für jedes Jahr seiner Betriebszugehörigkeit eine Abfindung in Höhe eines halben Monatsverdienstes beanspruchen, vgl. § 1 a Absatz 3 KSchG. Hierfür wird gemäß § 10 Absatz 3 KSchG der Monatsverdienst herangezogen, in dem das Arbeitsverhältnis endet.

Allerdings gilt auch hier, dass der Arbeitgeber auf den Abfindungsanspruch in seiner Kündigungserklärung hinweisen muss. Es ist die Entscheidung des Arbeitgebers, ob er die rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen für den Abfindungsanspruch in der gesetzlichen Höhe entstehen lässt. Fehlt ein Hinweis auf einen Abfindungsanspruch, kann eine Abfindung und dessen Höhe nur über eine Einigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschaffen werden.

Höhe der Abfindung Verhandlungssache

Meist nehmen die Arbeitsgerichte die Abfindungsberechnung gemäß § 1 a KSchG als Grundlage für Ihren Vorschlag einen Abfindungsvergleich heranzuziehen. Hierbei gilt als Berechnungsgrundlage ein durchschnittliche halbes Bruttomonatsgehalt.

Allerdings muss sich die Höhe der Abfindung nicht zwingend nach der Faustformel (Beschäftigungsjahre x 0,5 x Bruttomonatsgehalt) richten. Außer es liegt ein Abfindungsfall des § 1 a KSchG vor oder ein Fall in dem das Arbeitsgericht die Abfindungshöhe festlegt. Arbeitnehmer und Arbeitgeber dürfen sich auf jede beliebige Abfindung einigen.

Erfolgsaussichten der Kündigungsschutzklage sind entscheidend

Ist die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Kündigungsschutzklage hoch, wird der Arbeitgeber eher bereit sein eine Abfindung zu zahlen. Wenn der Arbeitgeber in einer guten wirtschaftlichen Lage ist, wird er auch eher bereit sein eine höhere Abfindung zu zahlen. Um bei den Abfindungsverhandlungen eine höhere Abfindung zu erzielen, kann auch das Alter des Arbeitnehmers und seine Lebenssituation berücksichtigt werden. Die Faustformel bildet hierbei immer die Basis für die Berechnung der Abfindungshöhe.

Wirtschaftliche Risikoabwägung auf Seiten von Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Wenn einem Arbeitnehmer, der sehr lange im Betrieb beschäftigt war, verhaltensbedingt gekündigt und die Wirksamkeit der Kündigung durch das Arbeitsgericht bestätigt, wird der Arbeitgeber keine Abfindung auf Grundlage der Faustformel gewähren.

Hat die Kündigungsschutzklage gute Aussichten auf Erfolg, kann der Arbeitnehmer eine hohe Abfindung durchsetzen, die die Berechnung der Faustformel überschreitet. Der Arbeitgeber geht ein hohes wirtschaftliches Risiko ein, wenn es zu keiner Einigung mit dem Arbeitnehmer kommt und das Gericht das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses feststellt.

Stellt sich heraus, dass die Kündigung unwirksam ist, muss der Arbeitgeber das seit der Kündigung nicht mehr ausgezahlte Gehalt des Arbeitnehmers nachzahlen und diesen auch in Zukunft beschäftigen.

Steuern und Sozialabgaben

Die Abfindungen werden nach der sognannten Ein-Fünftel-Regelung einer steuerlichen Begünstigung für außerordentliche Einkünfte besteuert. Die Abfindung wird komplett in dem Jahr, in dem sich ausgezahlt wird, versteuert. Jedoch wird der Steuersatz so berechnet, als ob die Abfindung über fünf Jahre ausgezahlt worden wäre.

Der Steuersatz des Arbeitnehmers erhöht sich also nur um ein Fünftel der Abfindungssumme. Sozialabgaben müssen für die Abfindung nicht bezahlt werden.

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Arbeitsunfall – Ich hau Dir eine rein! Schlägerei wegen zugeparkter Betriebseinfahrt. ERGO. Kein Unfallversicherungsschutz

Das war geschehen

Der Kläger war als Bauleiter tätig. Im Februar 2020 kehrte er von einem beruflichen Termin zurück, als er die Einfahrt zu seinem Betrieb durch einen LKW zugeparkt sah. Dieser fuhr trotz mehrfacher Aufforderung nicht beiseite.

Der Kläger musste daraufhin sein Auto stehen lassen und das Betriebsgelände zu Fuß betreten. Als er kurze Zeit später wieder zu seinem Wagen zurückkam, um einen neuen betrieblichen Termin wahrzunehmen, kam es zu einem Wortwechsel, bei dem der Fahrer des Lkw den Kläger als „egoistisches Arschloch“ beschimpfte.

Der Kläger, der im Begriff gewesen war, in sein Auto zu steigen, schlug die Wagentür wieder zu und ging zu dem Fahrer, um „die Sache auszudiskutieren“. Im Verlauf des Streitgesprächs schlug der Fahrer dem Kläger ins Gesicht. Der Kläger musste daraufhin wegen einer Mittelgesichtsfraktur operiert werden. Die beklagte Unfallversicherung erkannte den Vorfall nicht als Arbeitsunfall an.

Sozialgericht: Kein Arbeitsunfall

Das SG bestätigte dies. Das begründete das Gericht im Wesentlichen wie folgt: Zwar habe sich der Kläger auf einem an sich versicherten Betriebsweg befunden, als er vom Betriebsgelände wieder zu seinem Auto ging. Er habe diesen Betriebsweg jedoch wieder verlassen, als er die Wagentür nach den Beleidigungen noch einmal schloss, um die Angelegenheit auszudiskutieren. Darin liege eine Zäsur.

Kläger handelte als Privatperson

Ab diesem Moment habe das Handeln des Klägers privaten Zwecken gedient, nämlich dem Zur-Rede-Stellen des Fahrers. Während dieser Unterbrechung des Betriebswegs habe kein Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung bestanden. Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass insbesondere das Zurechtweisen anderer Verkehrsteilnehmer auf dem Weg zur Arbeit oder auf Betriebswegen nicht der betrieblichen Tätigkeit diene und etwaige hieraus resultierende Verletzungen unabhängig vom Verschulden dem privaten Lebensbereich zuzurechnen seien.

Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann vom Kläger mit der Berufung zum Landessozialgericht angefochten werden.

Quelle | SG Berlin, Urteil vom 16.2.2023, S 98 U 50/21, PM vom 20.3.2023

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Haben Sie eine Corona bedingte Kündigung erhalten?

Durch die Covid-19 Pandemie geraten viele Unternehmen in eine finanzielle Schieflage. Nun sehen sich viele Arbeitgeber gezwungen, Mitarbeiter zu entlassen. Als Arbeitnehmer sollten Sie dies allerdings nicht komplett kommentarlos hinnehmen.

Denn so einfach wie das vielleicht für so manche Arbeitgeber aussehen mag ist eine betriebsbedingte Kündigung nicht. Denn es müssen auch immer dringende betriebliche Gründe vorliegen, die der Arbeitgeber darzulegen hat.

Die Covid-19 Pandemie alleine rechtfertigt keine Kündigung. Auch muss bei einer betriebsbedingten Kündigung die Sozialauswahl beachtet werden. Viele Kündigungen scheitern hieran, weil diese Voraussetzung missachtet oder nicht hinreichend beachtet wurde.

Daher ist es in jedem Fall sinnvoll die Kündigung anwaltlich überprüfen zulassen und gegebenenfalls Kündigungsschutzklage vor dem zuständigen Arbeitsgericht einzulegen. Hierbei ist besondere Aufmerksamkeit geboten,denn eine Kündigungsschutzklage muss binnen drei Wochen nach Zugang der Kündigung vor dem Arbeitsgericht eingelegt werden.

Sie haben noch Fragen zu den Themen Corona und Kündigung?

Sprechen Sie uns direkt an unter 06108 – 916 848 – 0 oder senden Sie uns eine E-mail an die info@bwkasper.de.

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NEUER BEITRAG im Arbeitsrecht zu Vorerkrankungen – Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung genügt nicht immer für die Entgeltfortzahlung

Das war geschehen

Der Kläger war in den Kalenderjahren 2019 und 2020 im erheblichen Umfang arbeitsunfähig erkrankt. Im Zeitraum August bis Dezember 2019 war er an 68 Kalendertagen und im Zeitraum Januar bis August 2020 an 42 Kalendertagen erkrankt. Am 18. August 2020 legte der Kläger eine weitere Erstbescheinigung vor und verlangte eine entsprechende Entgeltfortzahlung. Der beklagte Arbeitgeber hatte jedoch Zweifel, dass eine neue Erkrankung vorlag und verweigerte daher die Entgeltfortzahlung. Dagegen wandte der Kläger ein, er habe für den streitgegenständlichen Zeitraum Erstbescheinigungen vorgelegt, woraus zu ersehen sei, dass Vorerkrankungen nicht vorgelegen hätten. Aus Datenschutzgründen sei er zudem nicht verpflichtet, sämtliche Diagnosen offenzulegen.

Entgeltfortzahlung nur bei „neuer“ Erkrankung

Das Gericht wies die Klage ab und begründete seine Entscheidung damit, dass die AU keine Angaben zum Bestehen einer Fortsetzungserkrankung enthält. Hintergrund ist, dass die Entgeltfortzahlung entfällt, wenn die Krankheit länger als sechs Wochen andauert. Der Arbeitnehmer hat dagegen weiterhin Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn die erneute Arbeitsunfähigkeit auf einer anderen Erkrankung beruht.

Aus der Entscheidung folgen diese Grundsätze für die Praxis: Zunächst muss der Arbeitnehmer darlegen, dass keine Fortsetzungserkrankung vorliegt. Hierzu kann er eine ärztliche Bescheinigung vorlegen.

Arbeitnehmer muss beweisen

Bestreitet der Arbeitgeber das Vorliegen einer neuen Krankheit, muss der Arbeitnehmer die Tatsachen darlegen, die den Schluss erlauben, es habe keine Fortsetzungserkrankung vorgelegen. Um dieser abgestuften Darlegungslast gerecht zu werden, muss der Arbeitnehmer grundsätzlich zu allen Krankheiten im Jahreszeitraum substanziiert vortragen. Er kann nicht eine „Vorauswahl“ treffen und nur zu denjenigen Erkrankungen vortragen, die ihm als möglicherweise einschlägig erscheinen.

Datenschutz:

Gesundheitsdaten dürfen unter bestimmten Voraussetzungen verarbeitet werden
Diese Pflicht berührt zwar das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Arbeitnehmers. Sie ist aber nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) gerechtfertigt. Dort wird die Verarbeitung von Gesundheitsdaten gestattet, wenn sie zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen oder bei Handlungen der Gerichte im Rahmen ihrer justiziellen Tätigkeit erforderlich ist.

Quelle | LAG Hessen, Urteil vom 14.2.2022, 10 Sa 898/21

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Wenn “Krankfeiern” zur fristlosen Kündigung führt – Ein Beitrag aus dem Kündigungsrecht

Wann darf wegen „Krankfeierns“ fristlos gekündigt werden?

Meldet sich ein Arbeitnehmer beim Arbeitgeber für 2 Tage krank und nimmt gleichzeitig aber an einer Party teil, ist von einer vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit (AU) auszugehen. Eine fristlose Kündigung kann dann gerechtfertigt sein. Durch die Teilnahme an einer solchen Veranstaltung ist der Beweiswert der AU erschüttert.

Zum aktuellen Sachverhalt:

Die Arbeitnehmerin war seit 2017 als Pflegeassistentin beschäftigt. Sie war für Samstag, den 2.7.22, und Sonntag, den 3.7.22, zum Spätdienst eingeteilt. Für die Dienste meldete sie sich krank. In dieser Nacht fand im sogenannten Schaukelkeller in Hennef die White Night Ibiza Party statt. Dort entstanden Fotos von der feiernden Arbeitnehmerin. Diese fanden sich beim WhatsApp-Status der Arbeitnehmerin und auf der Homepage des Partyveranstalters.

Der Arbeitgeber kündigte ihr daraufhin fristlos. Hiergegen erhob sie Kündigungsschutzklage.

Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Siegburg:

Das Arbeitsgericht Siegburg (1.12.22, 5 Ca 1200/22, Abruf-Nr. 234876) wies die Klage ab. Eine Verdachtskündigung könne gerechtfertigt sein, wenn

– sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründeten,
– die Verdachtsmomente geeignet seien, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und
– der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben habe.

Wir fassen zusammen:

– Starke Verdachtsmomente
– Vertrauen zerstört
– Sachverhaltsaufklärung und Stellungnahme

Die Überzeugung der Kammer ergebe sich daraus, dass die Arbeitnehmerin auf den abgebildeten Fotos am Tage ihrer angeblich bestehenden AU bester Laune und wie ersichtlich bei bester Gesundheit an der Party teilgenommen habe, während sie sich für die Dienste am 2.7. und 3.7.22 gegenüber dem ArbG AU gemeldet habe.

Bereits hieraus und aus der Tatsache, dass die AUB erst am 4.7.22 ausgestellt worden sei, sei der Beweiswert der vorgelegten AU erschüttert. Es gelte damit für die Arbeitnehmerin die volle Darlegungs- und Beweislast, dass sie tatsächlich arbeitsunfähig an den Tagen erkrankt gewesen und somit berechtigterweise der Arbeit ferngeblieben sei. Dies sei ihr nicht gelungen.

Die Interessenabwägung ergebe, dass das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Fortführungsinteresse der Arbeitnehmerin bei Weitem überwiege. Zugunsten der Arbeitnehmerin könne insoweit lediglich berücksichtigt werden, dass sie bis zu dem Vorfall noch nicht abgemahnt worden sei. Bei dem planvollen Vorgehen der Arbeitnehmerin, welches gekoppelt mit dem Versuch der unberechtigten Erlangung von Entgeltfortzahlung verbunden sei, überwiege das sofortige Beendigungsinteresse der Arbeitgebers.

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Kündigungsschutz – Ist eine Kündigungsschutzklage bei Kündigung eines Ausbildungsverhältnisses überhaupt möglich?

Der Kündigungsschutz eines Auszubildenden im Überblick

Ein Auszubildender der bereits vier Monate in einem Betrieb beschäftigt ist, genießt einen sehr hohen Kündigungsschutz. Um eine Kündigung dann noch aussprechen zu können müssen wichtige Gründe vorliegen, wie beispielsweise das Begehen einer Straftat oder grobes Fehlverhalten des Auszubildenden.

Kündigungsschutzklagen von Auszubildenden nach der Probezeit sind demnach mehr als sinnvoll und haben regelmäßig gute Chancen. Diese Möglichkeit sollte man natürlich auch nur in Erwägung ziehen, wenn man unbedingt in dem derzeitigen Ausbildungsbetrieb verbleiben möchte.

Wann man sich allerdings immer wehren sollte, ist wenn wahrheitswidrig der Vorwurf einer Straftat gegen einen erhoben wird oder wenn man in dem Betrieb diskriminiert wird. Auch wenn man kurz vor der Beendigung der Ausbildung steht, sollte man eine Kündigung nicht einfach so hinnehmen.

Abfindungszahlungen sind allerdings bei Auszubildenden meist sehr niedrig. Was auch mit dem geringen Verdienst eines Auszubildenden erklärbar ist.

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